Heute, am 11. Mai, Sonntag und Muttertag, beginnt eine neue Blogreihe – einen lieben Glückwunsch an dieser Stelle. Das G steht für jeweils ein schönes Partizip der Vergangenheit. In jedem Beitrag geht es um zwei G.

Gelesen – Gehört – Gedacht – Gemerkt – Gefühlt – Gesagt

1G: Gelesen

Als ich in den Osterferien abends in einem Bistro in der Hauptstadt Ibizas saß, legte ich nach dem Essen das Handy weg und nahm mir eine lokale Zeitung zur Hand. Es war zwar ein bisschen dunkel, aber das Lesen ging gerade noch. Da ich alleine unterwegs war, hatte ich diesmal einen Platz an der Bar bekommen. Die Zeitung lag griffbereit vor mir. Ich blätterte darin und las, dass die Clubs der Insel ganze 30 Prozent des Umsatzes im Tourismus ausmachen. Eine beachtliche und einzigartige Leistung.

Es war mein dritter Besuch auf dieser Insel der Balearen, ganz genau im Jahr 2025 – nach 2005 (Flug aus Lissabon) und 2015 (Flug aus Palermo). Ein eigenartiges Muster, das mir erst jetzt während des Schreibens bewusstwurde. Jeder der Urlaube war anders als der vorherige, vor allem aufgrund meines Alters und der Lebenssituation, aber auch dem entsprechend, wie sich die wunderschöne Insel mit der heute nur leisen, aber noch fühlbaren Hippie-Schwingung verändert hat.

Mein Lieblings-Bistro in der Nähe des Hafens in Eivissa

In der Zeitung las ich kurze Zeit später etwas über furgonetas, also Lieferwägen.

Ich wollte das Wort mit Kastenwagen übersetzen, aber meine Kollegin meinte, als ich die Geschichte erzählte, sie glaube, das sei nicht richtig. Ich gebe zu, mir fiel das Wort auf Deutsch nicht ein – auch ihr nicht, die mir das italienische Pendant furgone lieferte. Apropos: Aus diesem wird Eis verkauft, ragazzi! Ich musste für das deutsche Wort im Wörterbuch nachsehen. Die Übersetzung von Einzelbegriffen zu zusammengesetzten Wörtern und umgekehrt führt im Gehirn manches Mal zu einem Wortstau.

Wenn „übernachten“ immer skurriler wird

Lieferwägen also, die prinzipiell fast immer weiß sind, werden auf Ibiza einfach irgendwo vor Stränden und Klippen abgestellt, man lege eine Matratze hinein und romantisiere das auf den großen Plattformen als „alternativen Urlaub, weg von den Massen“. Zum Glück wurden sehr viele dieser „Vermieter“ in einer großen Aktion aufgespürt und angezeigt. Es wird berichtet, dass diese Art der (selbstverständlich illegalen) Vermietung immer absurdere Ausmaße annimmt.

Dann bis 2035, Ibiza! Ich nehme gerne wieder ein schönes Hotel in der Hauptstadt und den öffentlichen Bus, um die wundervollen Strände zu besuchen.

2G: Gehört

Im Deutschunterricht hört man so einiges. Neben der Lehre an den Universitäten arbeite ich dieses Semester auch mit Jugendlichen, die vor ein paar Jahren alleine nach Österreich gekommen sind. Sie unterstützten unbewusst meine Gs mit lustigen Wortkreationen wie: „Ich habe ge-iftar-t“, auf meine Deutsch-Konversations-Frage, was der junge Mann aus Somalia gestern Abend gemacht habe. Iftar bedeutet, was ich wiederum erst dieses Jahr gelernt habe, Fastenbrechen.

Sie hat mich gekorbt

Bei unserem Ausflug nach Nußdorf wenige Wochen danach erzählte uns ein Teilnehmer aus der anderen Gruppe: „Sie hat mich gekorbt.“ „Ge-was?“ fragten meine Kollegin und ich nach. Er wiederholte es zwei Mal. Wir wollten wissen: „Was bedeutet das?“ „Sie hat Nein zu mir gesagt, sie will mich nicht“, erklärte der junge Mann. Unsere Anglizismen auspackend rieten wir: „Ah ge-crop-t? Jugendwort. So wie schneiden, weggeschnitten, abgeschnitten?“

Erst nach einer ganzen Weile dämmerte es uns: Korb! Sie hat mir einen Korb gegeben – sie hat mich gekorbt.

Bis nächste Woche und ich hoffe, ihr werdet nicht gekorbt.

BD

Ein Gedanke zu “6G – Sprachliche und interkulturelle Eindrücke, die mir ins Wörternetz gegangen sind

  1. NachGefragt von Leser MG:

    Partizipien, die man aus Substantiven bildet, gibt’s das im Deutschen auch abseits dieser Neologismen?

    Gute Frage! Mein erstes Gefühl war, es könnte sie mit Fremdwörtern geben, mir ist dazu „geflasht“ eingefallen. Habt ihr noch mehr Beispiele?

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