Eine Frage der richtigen Länge

Sonntag Nachmittag. Ein angeheitertes Paar Anfang zwanzig unterhält sich mit einem Drink in der letzten Reihe der Straßenbahn über die Band des jungen Mannes:

„Wir werden uns jetzt umbenennen.“
-„Ja, ich weiß, ich hab das Reel gesehen.“
„Hast es ganz angeschaut?“
-„Ja.“
‚Wow, super, das dauert nämlich zwei bis drei Minuten.“

Und, habt ihr diesen Text fertig gelesen oder nach dreißig Zeichen entnervt das Fenster geschlossen?

Hallo?

Von diversen Models und halbherzigen Wander-Motivationen eines Kindes bis hin zu „tipsy“ Großmüttern

5G: Gefühlt

In einem Interview las ich kürzlich die Aussage „In der Branche ist es sogar sehr gefragt, dass man divers ist.“ Ein eigentlich absurder Satz. Gemeint war übrigens die Modebranche. Diversität (auch Diversity) heißt, sich in bestimmten (in verschiedenen Konzepten festgelegten) Bereichen zu unterscheiden. Hier gibt es feste und variable Dimensionen, wobei sie nicht immer voneinander abgrenzbar sind. Dazu zählen auch Alter, Wohnort, sozial-ökonomische Bedingungen und vieles mehr. Divers als Modewort? Die Zeit der schnellen Videos und Klick-Überschriften mit KI-Zusammenfassungen lässt meist keinen Platz für lange Ausführungen, seien es geschriebene oder gesprochene. Doch bevor man mit Begriffen um sich wirft, braucht es den Dialog zu Begrifflichkeiten und in weiterer Folge auch zu unseren Werten.

Ein linguistischer Exkurs dazu: „Diverse Personen“ oder „diverse Beispiele“ bedeutet auf Deutsch (und auch Italienisch, aus dem Latein stammend) ursprünglich sowohl „verschiedene“ als auch schlicht „einige“, weshalb man hier auch beim Übersetzen aus dem Englischen auf die richtige Interpretation achten sollte.

Wie aufgeschlossen sind wir wirklich? Und wie aufgeschlossen sollen oder dürfen wir sein? Lassen wir einige „Stereo-Typen“ aus der Fantasie aufeinander treffen: Wird ein Herr der Reinigungsfirma, der kein Englisch spricht, die gut verdienende Expat-CEO, die nur Englisch spricht, heiraten? Schließt die Wandergruppe der sportlichen 30-jährigen auch eine 60-jährige Dame aus der Nachbarschaft mit ein, wenn sie das wünscht? Vielleicht, wenn das Schicksal mitspielt. Die Statistik sagt aber etwas anderes.

Es ist schön, in den Medien viele verschiedene Familienmodelle zu sehen. Aber realistisch sind die Bilder trotzdem noch nicht. Vor allem die Werbung zeigt grinsend eine Welt, in der ältere Frauen weiterhin nur für Blasenentzündungsprodukte oder in Oma-schenkt-dir-Schokolade-Rollen gezeigt werden. Zeige ich Diversität, muss ich außerdem auch Menschen zeigen, die mit Akzent Deutsch sprechen. Sie sind genauso Österreich wie jene Person, die immer noch im Dialekt spricht und die, die im Bus denglischt oder in Gebärdensprache im Kaffeehaus tratscht.

Mein Plädoyer dafür, Aufgeschlossenheit und Vielfalt weniger zu simulieren und mehr zu leben. Und auch darüber nachzudenken, was Diversität für uns und auch für die Arbeitswelt wirklich bedeutet.

6G: Gesagt

Sager habe ich zwei sehr erheiternde dieser Tage hören dürfen:

  1. Fünfjähriges Kind, Wanderweg, Mönichkirchner Schwaig:
    „Ich kann Urlaube machen. Aber ohne Wandern!“ Die Eltern versuchten – ein wenig keuchend aufgrund der Steigung – mit Argumenten wie „Muckis, Kondition“ und „gestern hast auch gemault“, das Kind zu motivieren, was selbstverständlich keinerlei Wirkung zeigte. Ihre leicht verzerrten Gesichtsausdrücke verrieten, dass sie sich eigentlich selbst gerade motivieren mussten. Nach der Steigung wartete aber eine lustige Schaukel mit Kuhglocken (der ich selbst nur schwer widerstehen konnte) auf die Familie – die Rettung, wenn die Vorteile des Zukunfts-Ich, wie Muskeln und eine tolle Kondition, doch noch nicht gesehen werden.

    Etymologisches PS: Warum eigentlich Mönichkirchen und nicht Mönchkirchen? In der Kirche auf dem Hauptplatz liest man, dass der Missionar Minicho vom Erzbischof aus Salzburg geschickt wurde und Namensgeber der „Minicho Kirche“ war, die bereits 860 an diesem Platz stand. Daher stammt die Ortsbezeichnung Mönichkirchen.

  2. . Junge Frau Anfang zwanzig, Straßenbahnstation, zu Mittag am Pride-Wochenende, mit einer Flasche Sekt in der Hand zu ihrer Freundin:
    „Dann ruf‘ ich jetzt meine Grandma an, die wahrscheinlich auch schon tipsy ist. Problematic woman. Haha, na Spaß.“

Na dann, Prost und Cheers!

Ghost(ing) – WhatsApp-Nachricht von Sam

3G: Gedacht

Als Kind der 80er und 90er ist „Ghost – Nachricht von Sam“ für mich der filmische Inbegriff der Romantik. Gemischt mit Komödie, dank Whoopis Charme, und Thriller, dank des Widersachers. Eine etwas wilde Mischung, gestehe ich ein. Trotzdem sehr romantisch. Mit kurzen Haaren und Latzhose in einem Loft herumzutöpfern steht für ein Lebensgefühl der 90er-Jahre.

Oft satirisch aufgearbeitet wurde die berühmte Töpferszene, vergleichbar mit der Szene von Leonardo di Caprio und Clare Danes, nein das waren Romeo und Julia, ich meine Kate Winslet, auf der Titanic. Ich wäre dann doch eher fürs Töpfern, da mir auf Booten, Schiffen und Luftmatratzen sehr übel wird. Alle drei Geschichten haben eins gemeinsam: Er liebt, segnet aber das Zeitliche. Vielleicht ist diese Form der romantischen Liebe und des Begehrens nur in der Abwesenheit und mit Hilfe von Illusion/Projizierung (mit Beamer oder ohne) haltbar, nicht immer aber im „Hast du mein Ladekabel gesehen?“-Alltag.

Doch das Wort, das für ihre Liebe steht, und an dem Sam von ihr erkannt wird, ist uns in Erinnerung: dito. Und wie bei zwei Dingen oder sogar Menschen, die unser Gehirn als eines abspeichert, ist mir erst jetzt die zweifache Ausführung bewusst geworden: das romantische „Dito“ und das Österreichische „Detto“. Detto ist hier eher scherzhaft freitags um 12:56 im Büro zu hören: „Mir reicht’s für heute.“ – „Detto.“

4G: Gemerkt

Das Geistwerden, also Ghosting, ist mittlerweile ein etablierter Anglizismus. Ein Zeit-Phänomen als oft konfliktscheue Reaktion einer Gesellschaft der Über-Kommunikation. Ab wann ghosten wir? Meiner Meinung nach, sobald man eine Person persönlich kennt und in den vergangenen Monaten gesehen hat, (oder mit ihr verheiratet oder eng verwandt ist) ist es Ghosting. Wenn die entfernt bekannte ehemalige Nachhilfeschülerin nach über zwei Jahren der Stille irgendetwas von einem braucht und man antwortet nicht oder nicht umgehend, war man schon Geist, bevor man einer wurde. Auch erlebt, wenn jahrelang verschollene Facebook-Freunde plötzlich sehr dringend Sizilientipps benötigen, eingeleitet von „Was tut sich so?“. Was tut sich so seit 2018? Gute Frage.

Nicht immer sind wir verpflichtet, zu antworten, zu liefern. Genauso kehren, viel unromantischer als in unserem Liebesfilm, gerne auch jene Geister der Vergangenheit zurück, die damals selbst geghostet haben. Sie wollen von uns ent-ghostet werden. Besser nicht. Denkt an Odysseus. Es kann und wird nicht gut gehen.

Um uns etwas zu merken, müssen wir es vorher bemerken. Bemerkbar ist, dass sich vieles in der Kommunikation verändert hat und weiter verändert. Oft erscheinen schon gewisse eigene Freunde vor dem inneren Auge als Geister, weil man sie seit Jahren nur mehr online hört oder liest und nicht mehr persönlich trifft. WhatsApp statt Whoopi als Medium. Dabei brauchen wir es nicht, können beieinander sitzen und sagen: „Schön, mit dir zu sprechen.“ „Dito.“

6G – Sprachliche und interkulturelle Eindrücke, die mir ins Wörternetz gegangen sind

6G – Sprachliche und interkulturelle Eindrücke, die mir ins Wörternetz gegangen sind

Heute, am 11. Mai, Sonntag und Muttertag, beginnt eine neue Blogreihe – einen lieben Glückwunsch an dieser Stelle. Das G steht für jeweils ein schönes Partizip der Vergangenheit. In jedem Beitrag geht es um zwei G.

Gelesen – Gehört – Gedacht – Gemerkt – Gefühlt – Gesagt

1G: Gelesen

Als ich in den Osterferien abends in einem Bistro in der Hauptstadt Ibizas saß, legte ich nach dem Essen das Handy weg und nahm mir eine lokale Zeitung zur Hand. Es war zwar ein bisschen dunkel, aber das Lesen ging gerade noch. Da ich alleine unterwegs war, hatte ich diesmal einen Platz an der Bar bekommen. Die Zeitung lag griffbereit vor mir. Ich blätterte darin und las, dass die Clubs der Insel ganze 30 Prozent des Umsatzes im Tourismus ausmachen. Eine beachtliche und einzigartige Leistung.

Es war mein dritter Besuch auf dieser Insel der Balearen, ganz genau im Jahr 2025 – nach 2005 (Flug aus Lissabon) und 2015 (Flug aus Palermo). Ein eigenartiges Muster, das mir erst jetzt während des Schreibens bewusstwurde. Jeder der Urlaube war anders als der vorherige, vor allem aufgrund meines Alters und der Lebenssituation, aber auch dem entsprechend, wie sich die wunderschöne Insel mit der heute nur leisen, aber noch fühlbaren Hippie-Schwingung verändert hat.

Mein Lieblings-Bistro in der Nähe des Hafens in Eivissa

In der Zeitung las ich kurze Zeit später etwas über furgonetas, also Lieferwägen.

Ich wollte das Wort mit Kastenwagen übersetzen, aber meine Kollegin meinte, als ich die Geschichte erzählte, sie glaube, das sei nicht richtig. Ich gebe zu, mir fiel das Wort auf Deutsch nicht ein – auch ihr nicht, die mir das italienische Pendant furgone lieferte. Apropos: Aus diesem wird Eis verkauft, ragazzi! Ich musste für das deutsche Wort im Wörterbuch nachsehen. Die Übersetzung von Einzelbegriffen zu zusammengesetzten Wörtern und umgekehrt führt im Gehirn manches Mal zu einem Wortstau.

Wenn „übernachten“ immer skurriler wird

Lieferwägen also, die prinzipiell fast immer weiß sind, werden auf Ibiza einfach irgendwo vor Stränden und Klippen abgestellt, man lege eine Matratze hinein und romantisiere das auf den großen Plattformen als „alternativen Urlaub, weg von den Massen“. Zum Glück wurden sehr viele dieser „Vermieter“ in einer großen Aktion aufgespürt und angezeigt. Es wird berichtet, dass diese Art der (selbstverständlich illegalen) Vermietung immer absurdere Ausmaße annimmt.

Dann bis 2035, Ibiza! Ich nehme gerne wieder ein schönes Hotel in der Hauptstadt und den öffentlichen Bus, um die wundervollen Strände zu besuchen.

2G: Gehört

Im Deutschunterricht hört man so einiges. Neben der Lehre an den Universitäten arbeite ich dieses Semester auch mit Jugendlichen, die vor ein paar Jahren alleine nach Österreich gekommen sind. Sie unterstützten unbewusst meine Gs mit lustigen Wortkreationen wie: „Ich habe ge-iftar-t“, auf meine Deutsch-Konversations-Frage, was der junge Mann aus Somalia gestern Abend gemacht habe. Iftar bedeutet, was ich wiederum erst dieses Jahr gelernt habe, Fastenbrechen.

Sie hat mich gekorbt

Bei unserem Ausflug nach Nußdorf wenige Wochen danach erzählte uns ein Teilnehmer aus der anderen Gruppe: „Sie hat mich gekorbt.“ „Ge-was?“ fragten meine Kollegin und ich nach. Er wiederholte es zwei Mal. Wir wollten wissen: „Was bedeutet das?“ „Sie hat Nein zu mir gesagt, sie will mich nicht“, erklärte der junge Mann. Unsere Anglizismen auspackend rieten wir: „Ah ge-crop-t? Jugendwort. So wie schneiden, weggeschnitten, abgeschnitten?“

Erst nach einer ganzen Weile dämmerte es uns: Korb! Sie hat mir einen Korb gegeben – sie hat mich gekorbt.

Bis nächste Woche und ich hoffe, ihr werdet nicht gekorbt.

BD

Es ist an der Zeit: Ein neuer Blog kommt!

Es wird Zeit. Zeit für Neues. Die Kolumne zu Sprache/n ist in den Jahren während COVID entstanden. Wichtig war – ganz besonders zu dieser Zeit – zu kommunizieren und trotz der räumlichen Entfernung miteinander zu lachen.

Humor spielt in meinem Leben eine große Rolle. Deshalb wird er auch in Zukunft nicht plötzlich verschwinden.

In meinem neuen Blog „Wörter auf Reise“ tritt weniger das Vergleichende und Humorvolle und mehr das persönliche Erlebnis, das Erlernen und Erleben im interkulturellen und gemeinsamen Raum der Sprachenvielfalt in den Vordergrund.

Ich habe das Schreiben vermisst.

In wenigen Tagen erscheint der neue Blog. Seid gespannt (wie ein Gummiringerl, hätte meine Volksschullehrerin dazu geschrieben). Das war das Vorwort. Gute Nacht.

Grußformeln und Sprachnuancen in Österreich, Deutschland und Italien

Von der Marille zur Aprikose – Sprachliche Vorurteile und Gemeinsamkeiten bei meinem Besuch in „Hochdeutsch-Land“

„Servus“ begrüßt man mich vielerorts in München. Servus! Das klingt für mich vertraut und nach zu Hause, aber ich muss auch schmunzeln. Ich würde es normalerweise nur zu Leuten sagen, mit denen ich per du  bin. Für meinen Freundeskreis ist schließlich informell „Hallo“ die üblichere Begrüßung. Aus frühen Kindheitstagen erinnere ich mich an die Mutter meiner Freundin, die wütend rief: „Zum Opa sagt man nicht Hallo!“ Mein wienerisches Baba hören dafür zum Abschied nur Personen, die mir nahestehen.

Servus und Grüß Gott sowie salve in Italien sind althergebrachte Grußformeln. Anders als ciao, das seinen Einzug in viele Sprachen gefunden hat, ist salve in Italien geblieben. Die alten Römer – und Römerinnen – wünschten es einander im Sinne von Gesundheit und Wohlbefinden. Heutzutage wird es zur Begrüßung, es ist weniger kollegial als ciao, als Mittelweg zwischen formell und informell gewählt. Die jüngeren Italienerinnen und Italiener sagen „Salve prof“ zur Lehrkraft und „Salve coach/Mister“ zum Trainer im sportlichen Umfeld. Zur Verabschiedung hört man salve im Rom der heutigen Zeit eher nicht mehr.

Als ich im Süden Münchens in einem kleinen italienischen Restaurant saß und ein spätes Mittagessen zu mir nahm, lachte ein Gast über jemanden, der „Buona sera“ sagte. Woraufhin der Kellner aus Süditalien prompt richtigstellte: „Sobald Mittag vorbei ist, kann man es sagen.“ Allerdings eher im Süden Italiens, wobei es im Norden wie bei uns sprachlich an den Abend gebunden ist. Um diesen Unannehmlichkeiten und Verwirrungen der Grüße zu entgehen, gibt es in vielen Unternehmen in Österreich einfach das klassische „Mahlzeit“ den gesamten Tag über, auch dann, wenn niemand isst und es eigentlich völlig unpassend ist. Wir machen es wie die jungen Italienischsprachigen, die sich nicht zwischen formell und informell und der passenden Tageszeit entscheiden möchten.

Es war nicht immer voll nice

Wie nice etwas sei, hört man leider sowohl in Österreich als auch in Deutschland. Um die Erlebnisse mit der Deutschen Bahn während meines fast sechswöchigen Aufenthalts bei unserem Nachbarn festzuhalten, könnte man ein eigenes Buch herausbringen. Ich möchte die Worte einer Schaffnerin wiedergeben: „Entschuldigen Sie das Durcheinander. Bahnfahren ist immer spannend und für Überraschungen wird gesorgt.“

Was mich hingegen weniger erheiterte, war der Plural „Nächste Halte“. Um mich zu beruhigen, sage ich mir, dass das Wort Haltestellen einfach vom zu kurzen Display abgeschnitten wurde. Innere Schreikrämpfe lösen die von mir sonst gelobten Wiener Linien mit der Durchsage: „Nach einer Fahrtbehinderung kommt es bei der Linie XY zu unregelmäßigen Intervalle!“, aus. Intervallen. Wo ist das N? Hört das keiner der Verantwortlichen? Die Künstliche Intelligenz ist praktisch im Einsatz von Ansagen und es rauscht deutlich weniger als früher, es wird weniger genuschelt und ich verstehe, dass man nicht alles x-mal vorlesen möchte. Aber der Dativ wäre schon angebracht. Ich melde mich freiwillig, das Wort „Intervallen“ einmal hinaufzusprechen. So weit müsste sogar die KI sein, um hier eine Unterscheidung zu treffen. Mein Sprachwissenschaftsprofessor meinte dazu trocken, als ein Student mit einer Kaszettel-Bescheinigung keuchend zu spät in den Unterricht kam, die Intervalle selbst seien nicht unregelmäßig.

Deutsch und „Österreichisch“?

Mein Umfeld fragte mich neugierig nach ein paar Wochen in Deutschland, in dem ich Deutsch unterrichtete – nicht die Deutschen allerdings – wie denn die Leute in München so seien. Eine gute Frage. Als Fremde neigen wir dazu, Länder kulturell als eine Einheit sehen zu wollen, um sie zu verstehen. Wenn man allerdings Nord- und Süditaliener, aber auch Münchner, Düsseldorfer und Berliner in einen Topf wirft, verkennt man die vielen Unterschiede. Und auch innerstädtisch oder in einer gemeinsamen ländlichen Region sind wir vielfältig. Aufgrund der gemeinsamen Sprache und der deutschen Medien, die ich von klein auf konsumiere, ist es für mich schwer, konkrete Unterschiede zu „meiner Kultur“ zu benennen. Und damit wahrscheinlich auch, mich passend zu verhalten. In Portugal oder Italien betrachtete ich die dortige Welt staunend und versuchte, Teil davon zu werden. In Deutschland – und ich kann mir vorstellen, Menschen aus Deutschland in Österreich geht es ähnlich – neigt man dazu, die subtilen Unterschiede nicht so stark zu bemerken. Denn man wird (was die Wörter und Sätze betrifft) verstanden. Das Gefühl ist ein anderes, aber durch die sprachliche Nähe ist die Kultur für mich weniger greifbar, schwerer zu beschreiben. Es gibt zum Teil andere Regeln der Kommunikation, die – spricht man dieselbe oder eine sehr ähnliche Sprache – oft nicht erkannt werden, was zu Missverständnissen führen kann.

Aufgrund der Mobilität im eigenen Land ist es auch nicht mehr so, dass nur ein bestimmter Dialekt in einer Stadt gesprochen wird. Nach der Schrift, in der Standardsprache, spricht jedenfalls von Hamburg bis Wien, Ödenburg und Bozen niemand. Bis auf Deutsch-als-Fremdsprache-Lernende vielleicht. Es gibt also doch kein Hochdeutsch-Land. Die Schrift kam auch nach dem Wort, was bei diskreditierenden Aussagen über österreichische Dialekte bedacht werden sollte – diese kommen meist von Deutschlernenden, die denken, sie würden in Österreich oder in der Schweiz nicht das „ordentliche“ oder „richtige“ Deutsch lernen. „Da können wir nichts für“, meine ich dazu nur. Ärgerlich sind Artikel oder Webseiten mit Titeln wie „Übersetzung Deutsch-Österreichisch“ oder „Österreichische Wörter auf Deutsch“. Hier muss zwischen Standardsprache Deutsch Varietät Österreich, Schweiz, Deutschland und (nationale Grenzen nicht respektierenden) Dialekten unterschieden werden. Mit dem süddeutschen Raum verbindet uns jedenfalls sprachlich sehr viel.

Aprikosenkuchen oder Marillen-Datschi?

Bairisch oder bayrisch?

Schreibt jemand bairisch mit i statt y, ist nicht davon auszugehen, dass die Rechtschreibkenntnisse versagen. Sondern, dass bairisch als Dialektgruppe gemeint ist. Eine Dialektgruppe der Hochdeutschen Dialekte. Bairisch umfasst Ober- und Niederbayern, Oberpfalz, Österreich bis auf das alemannische Vorarlberg, Südtirol und einige weitere Regionen. Deshalb auch die sprachliche Nähe zu Bayern. Sehen Sie dieser Tage auch die Olympischen Spiele? Hoffentlich live und nicht entsprechend dem neuesten Marketing-Gag im „Re-Live“. Entweder etwas ist live oder nicht. Doch zurück zu den Spielen. Vor fast genau 200 Jahren setzte König Ludwig I., der ein großer Verehrer Griechenlands war, per Anordnung die Schreibweise Bayern mit dem griechischen y durch – davor hatte es mehrere Schreibweisen parallel gegeben.

Wie in diesem Standard-Artikel erklärt, in dem sich eine Studie mit den Strukturen im Englischen beschäftigt, kooperieren wir also lieber mit Menschen, die ähnliche Satzstrukturen verwenden. Das ist ein interessanter und eher unbewusster Aspekt, der über die Verwendung bestimmter Wörter hinausgeht. Die Beobachtung zeigt, dass bei Kindern und Jugendlichen Merkmale der hiesigen Aussprache und Wörter mit jenen Deutschlands bereits stark gemischt werden. Ganz einfach „Das ist Deutschland-Deutsch“ zu sagen, ist nicht immer korrekt. So wird „laufen“ für „gehen“ auch in Deutschland nicht überall synonym verwendet und die Dame in der Konditorei am Schliersee bot mir ein „Marillen-Datschi“ an, während der Supermarkt 1 km weiter Aprikosen verkaufte. Dazu kommt, dass sprachliche Einflussnahme nicht nur einseitig ist und auch in Deutschland der „Schanigarten“ konzeptuell und sprachlich immer beliebter wird.

Kürzlich las ich in der Übersetzung eines Buches „Er war etwas besserer Dinge“ – ich bezweifle, dass man guter Dinge als Redewendung steigen darf – sowie „bereiter als je zuvor.“ Ich bin jedenfalls besonders guter Dinge und bereiter als je zuvor, mich noch oft in diesem Jahr in einen Schanigarten zu setzen und ich hoffe, Ihnen geht es genauso.

Falco Remix

Into the Light.

Alle Worte und Zitate (c) Falco, dessen großartige Interviews diesen Text ergeben. Eine Hommage an ihn.

Ihn zu hören und zu verstehen. Hinter dem Vorhang der Bühne seines einzigartigen Lebens.

Falco Remix

Ich wurde geboren in Wien, was ich auch bisher nicht bereut habe, da ich auch gerne dortbleiben möchte. Ich habe also Musik gemacht, sehr zum Unwillen meiner Eltern. Ich habe von Anfang an versucht einen sehr eigensinnigen Weg zu gehen. Ich war also nie ein, möchte ich sagen, unkomplizierter Knabe. Ich glaube, das ist auch bis heute so geblieben.

Ich glaube, man sollte mir ein bisschen eine Chance geben. Also bin ich sowohl bei meiner Tochter als auch bei mir.

Wahre Hilfe ist meist leise. Ich war emotional ein bisschen verhindert. Ich habe also meines Erachtens ein gutes Gewissen.

Habe ich mich verändert? Ich habe noch immer die Lederjacke an und ein Hawaiihemd. Also inwieweit habe ich mich verändert?

Ich kann nichts anderes tun als mein Bestes zu geben und zu hoffen, dass es den Leuten gefällt. Hör dir die Texte an.

Vielleicht hätte ich mit der letzten Platte ein Buch schreiben sollen als eine Platte zu machen.

Das ist Rap. Das ist ein schneller Sprechgesang. Ich habe es mit Wienerisch versucht und es ist sehr gut gegangen, wie man sieht.

Ich dachte, also hier ist also eindeutig eine Seite deiner Person, die du hundertprozentig vertreten kannst. Man soll dich zwar nicht unbedingt auffordern, das Ganze zu erklären und jede Seite deines Ichs irgendwie zu beleuchten, weil das meiste weiß ich eigentlich selber nicht von mir und komme also immer mehr nur darauf, was ich nicht möchte.

Unser Geschäft ist Schall und Rauch. Und das wird uns unser ganzes Leben begleiten, dass wir uns eigentlich auf einem sehr dünnen Eis befinden.

Wer will einen Popstar, der Hans Hölzl heißt? Da muss irgendetwas Griffigeres her und das ist gefunden und daraus ergibt sich kein Identitätsproblem. Ganz im Gegenteil.

Weil ich also überhaupt 85, 86 nichts anderes zu tun hatte, als von einem Land zum anderen zu fahren und zu erklären, wieso Mozart lebt und wieso Jeanny lebt. Auch noch! Und hin und her und Papipapo. Dann war das Kind 86 da. Also ein Braver war ich ja nie! Und wir haben also gelebt in Saus und Braus mit Trennung und Tü und Ta. Jedenfalls war es Ende 86 so, dass ich mir dachte: „Also Junge, jetzt siehst du dich wirklich nicht mehr.“

(Ist ein Kind zu haben der Sinn des Lebens?) Ich weiß es nicht. Aber es hat schon mit dem Glauben auch zu tun. Mit dem Glauben daran, dass es etwas gibt, was wir nicht in Schallplatten ausdrücken können, nicht in Zahlen, nicht in ….

Und wenn man überhaupt meine letzten zehn, zwölf Jahre sieht, wenn ich die mir selber so anschaue, kann ich mir nicht vorwerfen, irgendetwas an Exzess-Möglichkeiten ausgelassen zu haben. Also das hat zum Teil Niederschlag gefunden in meinen Liedern. Ich habe halt auch geglaubt, dass ein wesentlicher Bestandteil des Rock ‘n‘ Roll der Exzess ist.

Wo siehst du wirklich deinen Platz hier? Du hast auf der einen Seite eine sehr intellektuelle Szene. Einen großen Anspruch. Also mit Herzschmerz und so ist nichts mehr. Auf der anderen Seite das Establishment. Was will ich? Ich will Popmusik machen. Nie verleugnen, dass es schon darum geht, möglichst viele Leute zu erreichen. Und das ist Pop.

Vaterland gibt es für mich keins. Also Vaterland ist mehr so ein pathetischer Vorwand, nämlich immer dann, wenn es um Streitigkeiten geht. Es gibt eine Muttersprache und die ist Deutsch. Ich lebe gerne in Wien und diese Stadt erhält mich am Leben, weil es eine enorm kritische Stadt ist. Weil nirgendwo ist die (Kritik) härter als in Wien.

Ich bin sehr selbstkritisch. Nur ich könnte mir eigentlich, wenn ich so zurückblicke die letzten zehn Jahre, nicht denken, was ich wesentlich anders gemacht hätte und wesentlich besser gemacht hätte.

Ich habe nie den Fehler gemacht, mein Publikum für blöd zu halten.

Ich bin ja mit mir eigentlich ziemlich allein.

Hier wagte es einer aus sich hervorzutreten, um eine Person darzustellen, wie es halt ist in der darstellenden Kunst. Und das ist auf einmal so seltsam? Was ist da so seltsam? Er IST ganz einfach.

Auf einmal schaut eine Öffentlichkeit mit dem Brennglas auf einen Typen, der ein paar Jahre zuvor mit Brille und Lederjacke sieben Millionen Mal um die Welt gegangen ist, und der eigentlich sich selbst für einen Außenseiter gehalten hat. Und auf einmal gibt es einen Hit … und natürlich wird man zum Opfer der Medien. Wenn man nicht aufpasst. Na, ich bitte dich, ich frage dich, woher hätte ich es wissen sollen?

Ich war gar nicht gut drauf, als ich hörte, Nummer eins in Amerika. Dann kommt man sehr leicht in Versuchung, eigentlich von seiner Kunst abzulenken und alles auf eine sehr wirtschaftliche Ebene zu ziehen. Aber es hat fast fünf Jahre gebraucht, um mich seelisch und überhaupt … in allen meinen Auslotungen meiner Seele …. wieder ein bisschen ins Lot zu kriegen.

Warum stürzt man sich immer wieder ins Abenteuer? Das ist der Thrill! Und der Thrill ist, eine gute Platte gemacht zu haben. Ich werde gute Platten machen, ich werde wieder schlechte Platten machen. Ich kann nichts anderes. Das ist mein… meine Berufung, mein Talent, mein Inhalt, mein Beruf, meine Profession, meine Begabung. Wie kommst du rüber? Kannst du dich mitteilen? Kommst du überhaupt … wie kommst du an? Das ist schon sehr aufregend.

Ich möchte nicht auf die letzten fünf Meter zusammenbrechen. Ich bewege mich immer auf einem Drahtseil. Zwischen sein und nicht sein, zwischen Absturz und Aufstieg. Mein Job ist es ein Grenzgänger zu sein, der durchaus auch immer wieder mit seinem Leben spielt, seiner Identität.

Ich gehe doch dorthin, wo es mir gefällt.

So ist das bei den Österreichern, sie wollen alles ganz kurz sagen und dann erzählen sie stundenlang.

Wien bei Nacht.

Bereit fürs Finale

Sprache beim Sport 😄⚽WM-Finale:


1) Das Märchen ist, anders als von ORF-Kommentator Polzer prognostiziert, für 🇫🇷 Frankreich dann zum Schluss doch nicht „möglich oder möglicher“ (??) geworden. Zuvor meinte er auch, Argentinien wäre „bereiter“. Der Kommentator war „steigerungswütiger“ 😉 für meinen Geschmack.


2) Im Fernsehen in 🇦🇷 Argentinien stand als offizieller Text mehrmals „Carajo!!“ vor Freude! Hierzulande schwer vorstellbar. (Martinez konnte es sich anscheinend gut vorstellen.)

Frohe Weihnachten 🎄, schönes Hanukkah 🕎 und einen guten Rutsch ins neue Jahr!

Barbara

Das Gefühl, Hochdeutsch zu sprechen

<strong>Das Gefühl, Hochdeutsch zu sprechen</strong>

Nur die wenigsten sprechen Standarddeutsch… (nicht einmal Antonio Banderas am Feierabend)

Bozen im Jänner in einem Geschäft. Die Kassiererin telefoniert auf Deutsch mit einer Freundin und es fällt der Satz: „Es is‘ ein bissl tranquillo (ruhig).“ Und zum Abschied grüßt sie: „Ciao intanto (inzwischen).“ Eine schöne Mischung. So hätte ich es auch gerne gesagt. Am Tag der Abreise hörte ich den automatisierten Taxirufdienst, dessen Ansage in Mundart aufgenommen worden war. Das könnte man in Wien auch umsetzen.

Sprachwissenschaftlich sind Tirol und Südtirol sehr spannend. Lehnübersetzungen und Interferenzen aus dem Italienischen versüßen die Südtiroler Sprache im Deutschen. Wo es einerseits zu Mischungen mitten im Satz kommen kann, wird andererseits dank der offiziellen Mehrsprachigkeit – Deutsch, Italienisch und Ladinisch – öfter getrennt. So steht im deutschsprachigen Menü eines Gasthauses für Ravioli die Übersetzung Teigtaschen – ungewöhnlich.

Bitte nur Hochdeutsch in der Gondel

Auffi. In der Gondel nach Oberbozen saß eine junge Studentin aus Aachen. Sie sagte zu ihren Kommilitonen, nein, Studienkollegen: „Die glauben immer wegen meinem Hochdeutsch, ob ich hier Urlaub mach.“ Ich unterdrückte den Wunsch, ihr zu erklären, dass das, was sie spricht, ebenfalls kein „Hochdeutsch“ ist. Viele Menschen weltweit sind der Meinung, in Deutschland (außer Bayern) würden die Menschen völlig unmarkiert Standardsprache sprechen, im Rest der deutschsprachigen Welt hingegen jodelnd kommunizieren. Zu ihrer Verteidigung sei erwähnt, dass die junge Frau selbst auch aus sprachlichen Gründen mit Vorurteilen konfrontiert wird, wenn sie grundsätzlich für eine Touristin gehalten wird.

Mit „Hochdeutsch“ meinen wir Standardsprache. In der Linguistik wird dieser Begriff des Hochdeutschen nicht auf diese Art verwendet, da er sprachgeschichtlich etwas anderes bedeutet. Was die Dialekte betrifft, wurde in der Sprachgeschichte eine geografisch-motivierte Bezeichnung gewählt. Es wird zwischen Mittel- und Oberdeutsch (zusammen Hochdeutsch, „hoch oben auf den Bergen“) und Niederdeutsch (wo es flach ist, gemeint ist hauptsächlich Norddeutschland) unterschieden.

Nun war die Studentin in der Gondel der Meinung, sie spräche Hochdeutsch, also in der Standardsprache, was aber nicht der Fall war. Auch sie spricht in der „Umgangssprache“ ihrer Region. Sie unterliegt, wie viele, dem Glauben an einen homogenen Standard und der Möglichkeit einer akzentfreien Aussprache.

Nur eine Handvoll Menschen, wie Moderatoren und Schauspieler, sprechen in der Realität das, was man sich unter Standardsprache vorstellt: mit einer vorgeschriebenen, kodifizierten Aussprache.

Es gibt mehr als nur ein Standarddeutsch

Standarddeutsch wird also kaum gesprochen. Und: Es gibt nicht nur eines. In der Zeitung oder in Fernsehnachrichten kann man je nach Land Unterschiede erkennen. Die Sonne im österreichischen Wetterbericht klingt anders als die im Deutschen. Trotzdem handelt es sich in allen deutschsprachigen Ländern und Regionen immer um Standardsprache oder das, was an sie herankommen soll.

Es gibt verschiedene Standardvarietäten und wir sprechen beim Deutschen von Plurizentrik. Auch „Südtiroler Deutsch“ stellt eine Standardvarietät der plurizentrischen deutschen Sprache dar.

Standardsprachliche Unterschiede zwischen den Ländern gibt es vor allem im Wortschatz. Im Jahr 2004 erschien erstmals ein Variantenwörterbuch der geografischen Varietäten der deutschen Sprache. Mittlerweile wurde dieses Wörterbuch der Varianten, das Österreich, die Schweiz und Deutschland sowie Liechtenstein, Luxemburg, Ostbelgien und Südtirol umfasst, auch mit Einträgen zu den deutschen Sprachgebieten in Rumänien, Namibia und Mexiko ergänzt. Zusätzlich gibt es aber auch grammatikalische Unterschiede beziehungsweise Vorlieben, wie wir einen Satz bilden. Ich bin in der Gondel gesessen, während die Studentin in der Gondel gesessen hat.

Außerdem dürfen wir in Österreich „der Polster“ und „das Monat“ in unserem Deutschaufsatz zum Besten geben, wobei in Deutschland „das Polster“ und „der Monat“ verwendet wird. Auch in der Rechtschreibung gibt es in seltenen Fällen verschiedene Regeln, wie bei „Dachgeschoß und Dachgeschoss“.

Verkehr mit der IT-Fachsprache

Zurück in Wien machte ich mich beruflich wieder ans Korrigieren. Mit kindischem Gemüt kommt man dabei immer wieder ins Schmunzeln. In einem Text im Bereich der Informatik wurde über Teams, die an Penetrationstests teilnehmen, geschrieben. Gemeint ist mit diesem fachsprachlichen Ausdruck die Prüfung der Sicherheit der Systeme, um keinerlei Hacker in die Systeme eindringen zu lassen.

Kürzlich las ich auch eine Online-Werbung für mehr organic traffic und lernte, dass es sich nicht um die neueste Organhandel-Aktion, sondern um den natürlichen, also organischen Verkehr (wir sagen besser Datenverkehr) handelt. Besucher der Website, die zum Beispiel über eine Suchmaschine – und nicht etwa über bezahlte Werbung – auf die Website gefunden haben.

Apropos Werbungen – online wird vermutet, ich hätte zu wenig Möbelstücke mit Namen, die wie jene der Verwandten aus „Immer dieser Michel“ klingen. Ein großes Möbelhaus wirbt mit „Ferien Aktion“, also Ferien und Aktion. Solche Fehler müssen nicht unbedingt sein. Im Englischen kann man in vielen Fällen solche Wörter ganz ohne Bindestrich schreiben. Im Deutschen aber nicht. Es können nicht einfach so zwei Substantive nebeneinanderstehen. (Bei Eigennamen usw. sieht das ganze wieder anders aus.) Ein Wort muss zusammengeschrieben werden und in einigen Fällen ist für die bessere Lesbarkeit auch die Bindestrichschreibung möglich: Ferienaktion oder Ferien-Aktion. 

Da finde ich das „Sandwich-Catering mit Profi“, wie bei einer Haltestelle geworben wird, viel sympathischer. Ich stelle mir dabei vor, wie ich selbst hundert Sandwiches vorbereite und in den Veranstaltungsraum schleppe, während der Catering-Profi zusieht und Expertentipps und Anweisungen gibt.

Lange Winterabende mit Antonio Banderas

Am Abend hat man dann im Winter die Möglichkeit, in Ruhe zu lesen oder Filme zu schauen. Die viel gerühmten langen Winterabende. Die ohne eingerollte Katze allerdings halb so gemütlich sind.

In einem eigenartigen Film sagt ein gutaussehender, aber mit einer etwas sinnbefreiten Rolle betrauter Antonio Banderas rührselig: „Meine arme Mutter aus Spanien kam in ein italienisches Dorf, ohne ein einziges Wort Italienisch zu sprechen.“ Mir kamen sofort die Tränen. Entweder die Mutter war sprachlich äußerst unbegabt oder die Drehbuchautoren.Denn allein schon das Wort Italienisch, italiano, haben beide Sprachen gemein. Daneben gibt es noch viele weitere Wörter, die sich gleichen, wie musica/Musik, cielo/Himmel oder triste/traurig und – vor allem – sì/sí – no/ja – nein. Auch wenn jede Sprache ihre eigenen Ausspracheregeln befolgt und ganz allgemein im Grunde vielleicht nichts übersetzbar ist, kann „kein einziges Wort“ nicht behauptet werden.

Trotz der Gemütlichkeit solcher Fernsehabende hoffe ich auf das sofortige Coronaende, damit wir, um uns zu unterhalten, nicht weiterhin anderen Menschen dabei zusehen müssen, wie sie Spaß haben und etwas erleben.

Um den langen Winterabenden zu entkommen, kann man auch Veranstaltungen besuchen, wenn sie nicht doch abgesagt oder in den seit der Pandemie recht vollen virtuellen Raum verschoben werden. Mit Maske, Haube, Schal und am besten dreiarmig Freischwimmer-Ausweis, ÖAMTC-Mitgliedskarte, Volksschulzeugnis und Bootsführerschein vorzeigend eine kleine Herausforderung. Eine weitere Möglichkeit für lange Winterabende ist der im Trend liegende Sport. Nach dem Motto: Hampelmänner und Hampelfrauen statt spätabendlichen Joggens zum Zigarettenautomaten. Nach meinem Kampfsporttraining musste ein Mädchen schnell los und erklärte: „Ich habe Feierabend.“ Feierabend, der freitags in Österreich gefühlt schon um 12:47 anfängt und nicht an die Tageszeit Abend gebunden ist. Keine andere mir bekannte Sprache hat eine Entsprechung parat. Ihre achtjährige Gesprächspartnerin fragte nach: „Feierabend?“ – „Ja, ich übernachte bei einer Freundin, wir machen eine Feier.“ Das halte ich für eine passende Neuinterpretation. Schön, dass mittlerweile auch schon Volksschulkinder Feierabend haben. Ich schließe mich ihnen nun an. Ciao intanto.